Saisonrückblick 2011/12, Teil 1

Die Hinrunde: Der Anfang vom Ende

Die Hinrunde: Der Anfang vom Ende


Ein historisches Jahr liegt hinter den Roten Teufeln - ein historisch schlechtes. Im ersten Teil unseres Saisonrückblicks schauen wir auf die Hinrunde.

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Die Saison fing schon beschissen an: Einen Tag nach dem Trainingsauftakt stürzte Adam Nemec vom Kirschbaum und musste mit Schlüsselbeinbruch monatelang pausieren. Zwei Wochen später, nach dem Lautrer Altstadtfest, fuhren Tobias Sippel, Thanos Petsos und Ivo Ilicevic besoffen in den Puff, was dem 1. FC Kaiserslautern die erste Titelseite in der Bild-Zeitung seit Marco Engelhardts Nacktfotos 2006 einbrachte. Für Keeper Sippel bedeutete es nach einem Stammplatzes auch noch den Verlust seines Führerscheins. Und zum Saisonauftakt im DFB-Pokal beim Oberligisten BFC Dynamo siegten die Roten Teufel zwar mit 3:0, dafür bekamen anschließend die mitgereisten Fans von den Spaßbremsen aus Berlin aber noch ordentlich auf die Mütze.

Dass die Saison 2011/12 nach den Abgängen von Srdjan Lakic, Jimmy Hoffer, Jan Moravek und später auch Ivo Ilicevic keine leichte würde, war jedem klar. Dass sie so denkwürdig werden sollte - leider im negativen Sinn - erwarteten aber wohl nicht einmal die kühnsten Pessimisten. Als Königstransfer wurde nach wochenlangem Hickhack der israelische Nationalspieler Itay Shechter im Doppelpack mit seinem Landsmann Gil Vermouth („Der Iniesta Israels“) verpflichtet, hinzu kamen etablierte Zweitligaprofis wie Olcay Sahan und Dorge Kouemaha, außerdem der 18-jährige Kostas Fortounis und einige Talente aus dem eigenen Nachwuchs.

Woran es haperte, wurde schon am ersten Spieltag deutlich: Aus dem Mittelfeld kamen zu wenig Bälle nach vorne, im Strafraum wurden die paar verbliebenen Chancen kläglich vergeben. „Sturmschwacher Saisonauftakt“ lautete die erschreckend passende Überschrift auf „Der Betze brennt“ - als Olcay Sahan freistehend aus sieben Metern über den Ball trat, es wäre das 1:0 für den FCK gewesen, war dieses Bild bereits symptomatisch für die komplette Saison. Am Ende unterlagen die Roten Teufel in Bremen mit 0:2.

„Kein Problem“, konnte man noch denken, denn der Spielplan hatte es eigentlich gut mit den Lautrern gemeint: Zuhause gegen Aufsteiger Augsburg und auswärts beim Lieblingsgegner Köln sollte eigentlich ein ordentlicher Saisonstart eingetütet werden. Durch die beiden gerechten 1:1-Unentschieden jedoch war schnell klar, dass der FCK bis auf weiteres unten drin hängt, denn es folgten Niederlagen gegen die Spitzenmannschaften Bayern und Gladbach. In diesen beiden Spielen hatte die Elf von Marco Kurz sage und schreibe nur eine Torchance, die Überschrift lautete: „Die schwächste Offensive der Liga“.

Dass eine Woche später am sechsten Spieltag schon der Höhepunkt der Saison folgen sollte, hatte so wohl auch niemand in seinem Drehbuch stehen. „Karneval am Betze“ gegen Mainz 05, der „Depp“ mit nur noch knapp 2.000 mitgereisten Fans wurde geradezu niedergekämpft und die Stimmung im Fritz-Walter-Stadion war großartig („Uiuiuiuiuiuiui, auauauauau“).

Der FCK krabbelte von den Abstiegsplätzen, zeigte aber eine Woche später bei der Pleite in Wolfsburg schon wieder eine Null-Leistung - trotz 45-minütiger Überzahl setzte es eine 0:1-Niederlage gegen harmlose Wölfe. Vom folgenden Heimspiel gegen Stuttgart bleibt die wohl einprägsamste Torchance der Saison in Erinnerung, als Itay Shechter und Kostas Fortounis den Ball im gegnerischen Strafraum so lange hin und her spielten, bis er doch noch beim Gegner landete. Das 0:2 gegen den VfB war eines der vielen Spiele der Vorrunde, in denen mehr drin gewesen wäre.

In der folgenden Länderspielpause verlängerte die Vereinsführung um Stefan Kuntz etwas überraschend den Vertrag mit dem langsam in die Kritik geratenden Trainer Marco Kurz. Kuntz hierzu: „Wir haben einen der besten Trainer der Liga und möchten auf diesem Posten weiter kontinuierlich arbeiten. Mit ihm werden wir auch in diesem Jahr den Klassenerhalt schaffen und weitere Ziele für unseren FCK ins Auge fassen.“

So merkwürdig der Zeitpunkt der Vertragsverlängerung auch erschien, das damit verbundene Zeichen verfehlte seine Wirkung nicht: Es folgte die positivste Phase des FCK 2011/12. Beim 2:1 auf Schalke zeigten die Roten Teufel ihre beste Saisonleistung, der Heimsieg gegen Abstiegskonkurrent Freiburg (1:0) schürte fast schon Optimismus und der 1:0-Sieg zur 119. Minute im Pokalderby bei Eintracht Frankfurt wurde zur großen Stunde des ansonsten völlig überforderten Richard Sukuta-Pasu. Drei Siege in Folge - heute kaum zu glauben, oder?

Diese Phase war auch die beste der Stürmer Itay Shechter (drei Tore in zehn Spielen) und Dorge Kouemaha. Doch Shechter wurde zunächst vom Trainer demontiert, als nach seinem Siegtor gegen Freiburg plötzlich die Ersatzbank zu seinem neuen Stammplatz wurde, ehe er sich mit Trotzleistungen und einem dummen Platzverweis gegen Hannover selbst demontierte und dann auch noch ständig von Verletzungen zurückgeworfen wurde. Ähnlich erging es Kouemaha, der nie mehr an seine gute Phase zur Mitte der Hinrunde anknüpfen konnte und sich später auch noch einen Achillessehnenriss zuzog.

Doch zunächst war noch alles im grünen Bereich, die Erfolge nach der Kurz'schen Vertragsverlängerung hatten neues Selbstbewusstsein gebracht. Es hätten sogar noch mehr Dreier werden können, denn auch bei den folgenden Auswärts-Unentschieden in Hamburg und Hoffenheim war der FCK jeweils die bessere Mannschaft. So stand nach zwölf Spieltagen der zwölfte Tabellenplatz, alles im grünen Bereich also. Die angeknackste Stimmung hatte sich stabilisiert, bei der folgenden Mitgliederversammlung wurde ein Jahresüberschuss von zwei Millionen Euro verkündet, der Aufsichtsrat wurde in einer mit Spannung erwarteten Entscheidung komplett wiedergewählt. Es hätte so eine entspannte Saison werden können...

Aber danach ging es abwärts. Die 0:2-Heimniederlage gegen Leverkusen wurde ob der vorigen guten Ergebnisse noch mit Fassung aufgenommen, die Spieler schienen - auch das klingt aus heutiger Sicht unglaublich - fast schon zu selbstsicher. Als eine Woche später beim 0:1 in Nürnberg erneut eine unterirdische Leistung gezeigt wurde, war es dann aber schon wieder vorbei mit der Herrlichkeit. Der FCK rutschte auf Platz 16 ab und Trainer Kurz fand deutliche Worte: „In den zweieinhalb Jahren, seit ich hier bin, habe ich mich noch nie bei den Fans entschuldigen müssen, aber in Nürnberg war das nötig.“

Die Nerven lagen schon wieder blank, viel zu besorgniserregend waren die Tabellensituation und vor allem die Auftritte der Mannschaft. Neben der mangelhaften Offensive, sowohl im Mittelfeld als auch im Sturm, war auch die Defensive um Fehlerteufel Rodnei längst zum Sorgenkind geworden. Vorne wurde regelmäßig nicht getroffen und hinten wurde ebenso regelmäßig das Minimalziel Unentschieden durch individuelle Fehler kaputt gemacht. Marco Kurz begann langsam aber sicher, sich in immer neuen Personalwechseln zu verzetteln und gab damit eines seiner Erfolgsrezepte der Vorjahre auf, nämlich die Kontinuität beim Stammpersonal.

Auch auf den Tribünen hatte die miese Stimmung angesichts der entlarvenden Auftritte der Roten Teufel längst Einzug gehalten. Richtig gute Stimmung gab es kaum einmal, größere Fan-Aktionen wie die Choreographie gegen Bayern oder die zigtausend Wunderkerzen gegen Stuttgart waren selten. Die optische Würze lag in der Hinrunde mehr in kleineren oder mittelgroßen Darbietungen wie den kreativen Spruchbändern gegen Mainz, der feurigen Bengaloshow in Frankfurt oder den gelungenen Auswärts-Choreos in Nürnberg und Dortmund. Beim Blick in den Gästeblock des Fritz-Walter-Stadions wurde indes deutlich: Die Pyrotechnik ist zurück in der Bundesliga! Bis auf Augsburg und Hannover ließen es alle Gastvereine auf dem Betzenberg rauchen.

Zum Ende der Hinrunde gab es zum fünften, sechsten und siebten Mal ein 1:1, was den FCK weiter auf dem (zumindest damals noch) gefürchteten Relegationsplatz festhängen ließ. In den Heimspielen gegen Berlin („Warum treffen wir das Tor nicht mehr?“) und Hannover ließ mal wieder die mangelnde Chancenauswertung den Traum vom Befreiungsschlag platzen, während der Punktgewinn als krasser Außenseiter beim aufstrebenden Meister in Dortmund als Überraschungserfolg gewertet werden durfte. Mit 16 Punkten beendeten die Roten Teufel die enttäuschende Hinrunde auf Platz 16, hinter Nürnberg und Mainz, vor Augsburg und Freiburg.

Endgültig besiegelt wurde die Enttäuschung schließlich im Pokalspiel bei Hertha BSC, wo der FCK zum wiederholten Male die schlechtest denkbare Leistung zeigte (1:3) und seinen Fans das Weihnachtsfest aus sportlicher Sicht endgültig verhagelte. „Zum Glück ist das Jahr vorbei“, gab Olcay Sahan einen Einblick in sein Seelenleben - nichtsahnend, was da noch auf seinen Verein zukommen sollte...

Im zweiten Teil unseres Saisonrückblicks blicken wir am Freitag auf die Rückrunde des Katastrophenjahres 2011/12, vom Wechseltheater in der Winterpause bis zur Außerordentlichen Mitgliederversammlung nach dem Abstieg.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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