Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - FC St. Pauli 2:0

Sasickuntzicin hilft -  Patient hat wieder Puls

Sasickuntzicin hilft - Patient hat wieder Puls


1. FC Kaiserslautern gegen FC Sankt Pauli. Was kommen da für Erinnerungen hoch. Schon 1949 im Viertelfinale und 1951 als Vorrundengegner auf dem Weg zur ersten Deutschen Meisterschaft wurde der Stadtteilklub geschlagen, traten Fritz Walter und Co. am Heiliggeistfeld und auf dem Betze gegen den Kult-Kiez-Klub an. Ein Traditionsduell auf jeden Fall. Mir fiel sofort wieder das Spiel von 1991 ein, 26. Spieltag, der Betze krachend voll und kein Parkplatz mehr zu kriegen, noch drei Minuten bis Anpfiff. Also einfach mitten auf einer Verkehrsinsel geparkt und los. Der Polizist fragte nur: „ Hey, das koscht 20 Mark!“. „Mir sinn ze viert“, rief ich! „Jeder nen Eiermann!“ Er lachte nur und wir sahen Labbadias 1:0 kurz vor Schluss, einer der wichtigsten Siege der Saison! Als wir zurück kamen stand die Karre immer noch da, mit Knollen an der Scheibe, und der Polizist hielt den Daumen hoch! Zwei Monate später waren wir Deutscher Meister. Heute unvorstellbar!

Nun also im Existenzkampf die Neuauflage. Der FCK musste nach der unglücklichen Niederlage „beim Depp“ unbedingt siegen, um noch eine realistische Chance zu haben. Trainer Milan Sasic probierte sein Glück diesmal mit kontrollierter Offensive, nicht mit wildem Hurrastil. Logisch, da St. Pauli einen gepflegten Ball spielen kann und sich ohnehin nur aufs Kontern konzentrieren würde. Demai ersetzte den gesperrten Bellinghausen, auch als Kapitän, und spielte solide und überlegt, wie auch schon beim Kurzeinsatz am Bruchweg. Ziemer kam für den Derby-Torschützen Reinert, was nicht jeder verstand, aber Leute,... einer muss ja zuhause auch die Dinger reinmachen, so ganz ohne Stürmer auflaufen geht halt nicht. Ansonsten unverändertes Team, Simpson wieder als linke, Bohl als rechte Speerspitze, Lexa als „Zehner“. Kotysch und Demai als Staubsauger und dahinter Lamprecht, Schönheim, Ouattara und Müller. Sippel natürlich auch. Mandjeck musste nach seinem Fehler "beim Depp" erneut draußen bleiben und kam auch nicht rein. Milan,.... Der Junge kann was, lass den bloß nicht fallen!

Der Berg war für die frühe Anstoßzeit schon gegen fünf recht voll und am Ende waren es 33.615, davon etwa 1.500 Paulianer und sonstige „Celtics“, die zur Unterstützung kamen. Optisch wussten die Gäste mit Schwenkfahnen zu überzeugen, akkustisch blieben sie bis auf wenige Ausnahmen blass. Über 30.000 an einem Dienstagnachmittag - eine schier unglaubliche Zahl, bedenkt man woher die FCK-Anhänger überall kommen. Es wären wohl locker über 40.000 drin gewesen, wenn die DFL endlich den Fußball und seine Fans wichtiger einstufen würde als den sesselfurzenden Fernsehzuschauer, der sich jeden Tag mit unsinnigem angeblichen Expertenquatsch, uninteressanten Live-Spielen und stundenlangen Werbepausen zudröhnt. Es gab wohl nie eine negativere Entwicklung als derzeit durch das DSF, Premiere und Co. Das quittierten die Ultras auch eindeutig mit Transparenten: „Ihr könnt uns unsere Meinung nicht verbieten! Scheiße bleibt Scheiße!“ und Gesängen ala „Danke für die Anstoßzeit“. Wie schon beim Dienstagsspiel gegen Augsburg gab es auch diesmal wieder Ärger mit dem Ordnungsdienst, wenn auch diesmal nicht ganz so arg. Anstatt den Fans den Mund zu verbieten sollten sich die FCK-Verantwortlichen, die den Ordnern die Anweisungen geben, noch einmal die Berichterstattung im DSF über die Saison hin ansehen. Insbesondere nach Hoffenheim, da haben Quast und Co. über uns hergezogen, wo es nur ging. Die sollen uns die Kohle rüberschieben und die Waffel halten! Wir haben denen nichts zu danken und uns für nichts zu entschuldigen!

Ach ja, das Spiel....

Der Betze gab wie gesagt nicht gleich Vollgas, sondern baute sicher sein Spiel an der Sechser-Reihe auf und verschob intelligent nach seitwärts, so konnte man bei eventuellem Ballverlust direkt Pressing spielen. Unglaublich, dass man sowas kann und an 31 Spieltagen zuvor nie gemacht hat! Schon nach sechs Minuten hatte Lexa die erste fette Chance, doch er zögerte zu lange. Zwei Minuten später führte Hamburg mit 1:0, Boll war zur Stelle - doch aus irgendeinem Grund sah der Linienmann von Schiri Seemann ein Abseits, gut für uns. Vor Weihnachten in Köln hatte er beim Tor von Mohammad keins gesehen - sonst wären wir vielleicht schon sicher....aber dann wäre auch Sechserketten-Rekdal noch da.

St. Pauli kam schwer in die Gänge und hatte auch nicht so recht Bock, schließlich wurde das ganze Wochenende der vorzeitige Klassenerhalt gefeiert. Man wartete weiter auf Konter. Die Teufel kontrollierten das Spiel und stießen immer wieder, über Lexa und Demai initiiert, auf die Außen vor, verwickelten die Abwehr dort in Stellungskämpfe, und brachten lange Flanken. Ziemlich gut! Simpson gefiel durch Schnelligkeit und Ziemer durch gutes Stellungsspiel, hatte zwei gute Möglichkeiten vor der 12. Minute, schoss jedoch zu früh und unplatziert. St. Pauli erst um die 20. Minute wieder etwas wacher, Bruns war energisch an Lamprecht vorbei gezogen, doch Schönheim verhinderte Schlimmeres. Es sollte eine Seltenheit bleiben, die Kiezkicker offensiv zu sehen. Eine Minute später segelte die Flanke von Demai (der FCK kann auf einmal gefährliche Standards schießen...) hoch vor die Kiste von Pliquett, die Abwehr köpft an die Strafraumgrenze zu Müller, der nimmt das Ding volley und setzt es exakt neben den linken Pfosten! 1:0 Teufel (21.)!

St. Pauli fand jetzt einige Zeit nicht mehr statt, Lautern schnürte die Hanseaten hinten ein und kam zu hochkarätigen Chancen. Bohl und Ouattara (28.), Ziemer (31.), Kotysch (39.) und Simpson (40.) scheiterten an Torwart Pliquett, der einen guten Tag erwischte und enorm stark hielt. Das bewies er auch leider in der Nachspielzeit, als Schiri Seemann nach einer Halbschwalbe von Demai auf Strafstoß entschied. Den muss man zwar geben, aber man muss ihn auch wollen... ich find so was peinlich! Sowohl den guten Schuss von Lexa konnte der Hamburger Keeper abwehren, als auch den Nachschuss von Ziemer mit einer Glanzparade. Unglaublich aber gerecht. Fantastisch jedoch die Reaktion der Westkurve, die lautstark Lexa anfeuerte weiterzumachen und die gesamte Mannschaft mit Applaus in die Kabine verabschiedete. Der wievielte verballerte Elfer war das eigentlich???? Egal - heute muss es reichen - das zweite Ding muss her! Es könnte schon 5:0 stehen!

Der Betze kam wie schon in den letzten Spielen früh aus der Kabine, was gibt es auch zu besprechen? Feuer frei! Noch war das Halbzeitbier nicht leer, da flankte Lexa lang auf rechts und Bohl schoss aus spitzem Winkel flach ins lange Eck ein. 2:0 Teufel (52.)! Die Westkurve hüpfte! Die Südtribüne stand! Jubel auf der Osttribüne und sogar im Norden ließ man sich zu Emotionen hinreißen. Sollte der FCK es wirklich noch packen können? „Wenn wir's schaffen, saufen wir uns tot“, sangen sie in Block 8. St. Pauli nahm immer noch keine Fahrt auf, was auch St. Pauli-Trainer Andre Trulsen später bemerkte: "Heute hat nur eine Mannschaft gespielt. Wir haben alles vermissen lassen, was man benötigt, um am Betzenberg zu bestehen."

Die Roten Teufel ließen es jetzt etwas langsamer angehen, störten nicht mehr so frühzeitig. Sasic brachte den lauffreudigen Reinert für den etwas von abgekämpften, Wadenkrämpfen geplagten Demai. Der hatte gezeigt, dass er es kann, ...wenn er will! Weiter so. Danach kam "Amateur" Jendrisek für Ziemer, der unendlich viel rackerte, aber kein Zielwasser getrunken hatte. Seine Laufwege passten jedoch optimal mit denen von Bohl und Simpson. Als hätten sie es trainiert... Simpson lief wie ein VW-Motor und hatte in der 70. und 85. Minute noch die Chance zu erhöhen, doch es blieb beim hochverdienten 2:0-Erfolg. Das Fritz-Walter-Stadion feierte die Auferstehung der Spielkunst auf dem Betzenberg unterdessen mit der ersten Laola seit gefühlten zehn Jahren!

Kurz vor Schluss kam noch „Stehgeiger“ Runström rein. Ich hab nix gegen den Bub, aber er ist irgendwie der einzige bei dem ich die Bereitschaft vermisse, jeden Meter Gras umzuwälzen, wenn er spielt. Schade drum, der hat auch Talent! Simpson wurde mit Ovationen verabschiedet. Beste Akteure neben Joshua waren der nimmermüde Lexa und der zweikampfstarke Lamprecht, der Trojan, Boll, Kuru und Bruns den Schneid abkaufte und in jeder Situation Herr der Lage war. Für das "abgeklärtes Spiel" erhielt Verteidiger Fabian Schönheim ein Extragusto vom Trainer. Und dass trotz der ungünstigen Anfangszeit soviele auf den Betzenberg pilgerten, nannte Sasic schlicht "fantastisch“. Ob wohl so viele aus dem Westerwald und der Eifel, aus dem Badischen und Hessen, aus Luxemburg, dem Elsass und Lothringen jemals "den Depp" sehen wollen, wenn er auf einen Abstiegsplatz in Liga zwei stünde? Für den letzten Kick gegen die Geißböcke werden wir „dem Depp“ dann mal zeigen wer die „Nummer eins“ in den Herzen der Rheinland-Pfälzer ist! Schon jetzt sind über 42.000 Karten verkauft, bis Ende der Woche wird das Spiel ausgebucht sein.

Wenn der FCK nur dreimal öfter so gespielt hätte, würden wir uns über die Abstiegsängste der anderen kaputtlachen. So sind wir noch mittendrin, müssen in Jena nachlegen. Je nach Spielausgängen können wir tatsächlich schon in Thüringen feiern. Aber im Falle einer Niederlage sieht's auch schnell noch mal gaaaanz düster aus. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir siegen können, auch gegen Köln! Wir werden es packen! Mit Herzblut und mit Spielkunst, denn gestern hat der 1. FC Kaiserslautern bewiesen, dass er auch Fußball „spielen“ kann. Offenbach geht die Klammer, Osnabrück auch wieder und Wurstpelle Wollitz zittert wie Espenlaub vorm letzten Spieltag. Koblenz ist auch noch dabei, hinter vorgehaltener Hand wird mit dem Bestand des Punktabzugs gerechnet. Und wer sagt eigentlich, das Augsburg überhaupt noch einen Punkt holt? Die selbst vielleicht - ich nicht! Selbst die Löwen kann's theoretisch noch erwischen. Wer sich zu sicher fühlt, hat schon oft genug vor die Apotheke gekotzt, das gilt für alle Teams der unteren Hälfte!

Aber wir kotzen nicht, denn wir haben ein Medikament gefunden, Sasickuntzicin!

Das ist Doping! Das hilft! Sasic war verständlicherweise hoch zufrie¬den. "Wir sind erst am Freitag in Mainz ein Tempo gegan¬gen, wie ich es selten in einem Zweit¬liga¬-Spiel gesehen habe - heute sind wir fast wieder an dieses Limit gekom¬men", lobte der Kroate. "Und ich bin über¬zeugt, dass wir auch in den ver¬blei¬ben¬den beiden Spielen dieses Tempo gehen können." Allerdings muss der Patient nach der Behandlung trotzdem weiter zur Beobachtung auf Station bleiben, nach dem Köln-Spiel gibt's noch die große Visite! Doch itzo gilt nur eines...

ALLE NACH JÖÖNÄÄÄÄÄ!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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