Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern – FC St. Pauli 0:2

Zu jung, zu wild, aber zu wenig clever?

Zu jung, zu wild, aber zu wenig clever?


Das 0:2 gegen St. Pauli war ein absoluter Tiefschlag für die Aufstiegsambitionen des FCK. Während die Fans zwischen Hoffen und Bangen schwanken und mit den Spielern um den glänzenden Abschluss der Saison zittern, knüpft Kosta Runjaic sein persönliches Schicksal auch an die Reaktion seiner Mannschaft.

- Spielfotos: 1. FC Kaiserslautern – FC St. Pauli
- Fanfotos: 1. FC Kaiserslautern – FC St. Pauli

„Seid nicht zu kritisch mit dieser Mannschaft“, lautete die abschließende Botschaft von Kosta Runjaic an die Journalisten und Fans. Der Coach des 1. FC Kaiserslautern hatte gerade die erste Heimniederlage nach 21 Spielen hinnehmen müssen, und das ausgerechnet gegen die schlechteste Auswärtsmannschaft der Liga. Ein absoluter Tiefschlag im Aufstiegsrennen. Und doch ist es wahr: Die Mannschaft der Saison 2014/15, die „jungen Wilden“, haben bisher viel Freude bereitet und tatsächlich den Betze einige Male „gerockt“. Vor allem aber konnten sie den Fans einen Teil jener Identifikation zurückgeben, die in den letzten Jahren so sehr mit Füßen getreten wurde.

Aber trotzdem muss die Frage erlaubt sein: Ist die Mannschaft der Saison 2014/15 zu grün hinter den Ohren, um das ganz große Ziel zu erreichen? Zu jung, zu wild, aber zu wenig clever? Hat bei den Niederlagen in Darmstadt und gegen St. Pauli ausgerechnet die Spezies von Fußballprofis gefehlt, die über das ganze Jahr vorher (zurecht) niemand vermisst hat? Die Erfahrung eines Idrissou, Alushi, Torrejón oder Dick scheint ausgerechnet jetzt, in der entscheidenden Phase der Saison, zu fehlen. Die ordnende Hand in den kritischen, oft spielentscheidenden Situationen. Die Schlitzorhigkeit. Die Abgeklärtheit.

Kosta Runjaic hatte mit seiner Aufstellung gegen den FC St. Pauli auf die Verletztensituation (Heintz für Heubach), vor allem aber auf die mangelnde Offensivkraft vor einer Woche reagiert: Matmour und Zoller ersetzten Stöger und Hofmann. Auch die FCK-Fans reagierten und rüsteten sich zum Endspurt: „Betze mer packen's“ stand auf einem Transparent vor der prall gefüllten Westkurve, dazu gab es Konfetti und Doppelhalter. Und: „Noch 3x alles geben!“ 45.035 Zuschauer (darunter 2.000 Anhänger der Kiezkicker) sorgten für die bisherige Rekordkulisse in dieser Saison. Endlich auch zahlenmäßig der Zuspruch, den sich Spieler, Trainer und Fans so sehr gewünscht hatten.

Und in der ersten Halbzeit waren die Roten Teufel auch die bessere Mannschaft. Schulze, Karl und Zoller scheiterten mit ihren Schüssen knapp, Matmour verpasste den Ball in aussichtsreicher Position. Ein spektakuläres Fallrückziehertor von Ring wurde wegen Abseits nicht gegeben. Später hätte der FCK außerdem noch einen Elfmeter bekommen müssen, nachdem der bereits verwarnte Alushi im Strafraum gegen Löwe aktiv wurde. Aber der Schiedsrichter war diesmal nicht schuld.

Vielmehr machte das Runjaic-Team den gleichen Fehler, der ihm schon in Darmstadt das Genick gebrochen hatte: Nach einem unglücklichen Dämpfer reagierten die Roten Teufel nicht cool, sondern ließen sich davon beeindrucken und ernteten gleich den zweiten Rückschlag. Gegen St. Pauli war es die unfreiwillige Vorlage von Demirbay, von dessen Schienbein der Ball vor die Füße von Kalla prallte, welcher sofort abzog und Müller keine Chance ließ (47.). Der völlig überraschenden Führung für die Kiezkicker folgte postwendend der zweite Hammer: Heintz agierte im Zweikampf zu langsam und verursachte einen (berechtigten) Elfmeter, den Halstenberg locker in die Tormitte setzte (55.). Mal kurz nicht aufgepasst und schon stand es 0:2.

Vor allem aber das, was nach dem Rückstand passierte, stellte alle weiteren Diskussionen in den Schatten. Trotz noch mehr als einer halben Stunde Zeit wirkte es zu keinem Zeitpunkt so, als ob die FCK-Mannschaft das Spiel noch wirklich umbiegen könnte. Die wenigen (Groß-)Chancen hielt Sankt-Pauli-Keeper Himmelmann, alleine Zimmer, Karl und Zoller verzogen kurz vor Schluss binnen weniger Sekunden. Es war ein absolut gebrauchter Tag für den nicht schlechter als St. Pauli spielenden FCK und spätestens in diesem Moment traf die alte Fußballphrase zu, laut der ein Team noch stundenlang weiterspielen könnte...

Fragen über Fragen: Woran lag es? Wie lässt es sich abstellen? Wurde das Team vielleicht sogar von der ungewohnten Kulisse erdrückt? Oder vom sportlichen Druck, jetzt wo es um alles geht und nicht mehr nur „von Spiel zu Spiel“? Die Stimmung im Fritz-Walter-Stadion war jedenfalls nicht gut, und das lag nicht nur an dem unangenehmen Spielverlauf. Nachdem die Niederlage besiegelt war, mischten sich deutlich hörbare Pfiffe in den aufmunternden Applaus für Zoller, Zimmer, Orban und Co. Die große Enttäuschung der ebenso großen Erwartungen war deutlich spürbar und hat Spuren hinterlassen. Auch bei den Spielern, die noch minutenlang mit ratlosen Gesichtern auf dem Rasen standen, fast paralysiert wirkten.

Aber genau dieser Zustand muss in den nächsten Tagen aus den Köpfen raus. Der FCK schließt den 32. Spieltag auf dem dritten Platz ab (unabhängig vom Ausgang der weiteren Spiele) und hat somit immer noch alle Möglichkeiten. Das Vereinscredo „Lautrer geben niemals auf – sie kämpfen“ fehlte am Samstag bei Spielern und Fans, muss aber bis zur kommenden Partie in Aue schleunigst wiedergefunden werden. Alles andere ist nebensächlich, denn jetzt zählt nur noch zwei oder vielleicht drei Wochen Vollgas! Das sieht vermutlich auch Kosta Runjaic so, der sein Schicksal indirekt auch an die Reaktion seiner Spieler knüpfte: „Die Jungs sind selbstkritisch genug und sie lernen dazu. Auch dieses Spiel war eines, aus dem man lernen kann, aus dem man gestärkt herauskommen kann und wird. Dafür verbürge ich mich.“

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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